Startschuss für „Gepflegt Wohnen“
Die Handwerker haben alle Hände voll zu tun an der Sprockhöveler Straße 29a. Sie
hämmern, streichen, verlegen neue Rohre und Kabel. Bis Anfang Mai sollen neun Wohnungen
im Haus bezugsfertig sein und ein gepflegtes Wohnen ermöglichen. Das klingt
nach Standart doch für die Klientel, die hier einziehen sollen, ist es Luxus. Ein Beispiel.
Alfons R.* ist 50 Jahre alt, Alkoholiker und von Geburt an geistig behindert. Nach dem
Tod seiner Eltern flog er aus der Seniorenwohnung. Die Nachbarn wollten ihn nicht
mehr und mit 50 ist Alfons R. noch kein Rentner, verlor das Anrecht auf die Wohnung.
Trotz hervorragender Situation auf dem Wohnungsmarkt, fand er keine neue Bleibe. Er
ist bekannt in der Stadt, gilt als Risikomieter. Inzwischen wohnt Alfons R. in dem Haus
an der Sprockhöveler Straße.
Sechs Gesellschafter
„Wir wollen genau diese Klientel und wir wollen, dass sie nicht auf der Straße landen“,
sagt Silke Kortmann-Kock. Sie arbeitet beim Pflegebüro Bahrenberg in Bochum und ist
eine von sechs Gesellschaftern der „Gepflegt Wohnen GmbH“. Zusammen mit einer
Pflegedienst-Kollegin, drei Berufbetreuern, einer Rechtsanwältin und einem Handwerker
gründete sie im Sommer 2007 die Gesellschaft. „Allein lässt sich so ein Projekt nicht
stemmen“, erklärt Silke Kortmann-Kock, denn die Idee, Wohnungen für psychisch- oder
Suchtkranke Menschen anzubieten, hatten alle schon früher. Gemeinsam machten sie
sich an die Umsetzung, kauften ein Haus, fingen an zu renovieren und boten die Wohnungen
zur Miete an. Mit Erfolg. Bereits jetzt sind acht Verträge unterschrieben, die
neunte und letzte Wohnung so gut wie vergeben.
Begegnungsstätte
Die Finanzierung erfolgt über die Mieteinnahmen. Das „Gepflegte Wohnen“ ist also nicht
mit Sozialwohnungen zu verwechseln. Dennoch: Die Gesellschafter wollen es nicht
beim Wohnen allein belassen. In der Sprockhöveler Straße werden Hausverwalter und
Betreuer nach dem Rechten sehen. Auch eine Begegnungsstätte ist geplant. Und die
Gesellschafter liebäugeln bereits mit dem Nachbarhaus, der Nummer 29. Schließlich
sei der Bedarf für derartige Einrichtungen auch in Witten gewaltig.
*Name geändert