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WAZ Witten 14.04.2008:

Ein Haus für die Unerwünschten

Startschuss für „Gepflegt Wohnen“
Die Handwerker haben alle Hände voll zu tun an der Sprockhöveler Straße 29a. Sie hämmern, streichen, verlegen neue Rohre und Kabel. Bis Anfang Mai sollen neun Wohnungen im Haus bezugsfertig sein und ein gepflegtes Wohnen ermöglichen. Das klingt nach Standart doch für die Klientel, die hier einziehen sollen, ist es Luxus. Ein Beispiel. Alfons R.* ist 50 Jahre alt, Alkoholiker und von Geburt an geistig behindert. Nach dem Tod seiner Eltern flog er aus der Seniorenwohnung. Die Nachbarn wollten ihn nicht mehr und mit 50 ist Alfons R. noch kein Rentner, verlor das Anrecht auf die Wohnung. Trotz hervorragender Situation auf dem Wohnungsmarkt, fand er keine neue Bleibe. Er ist bekannt in der Stadt, gilt als Risikomieter. Inzwischen wohnt Alfons R. in dem Haus an der Sprockhöveler Straße.

Sechs Gesellschafter
„Wir wollen genau diese Klientel und wir wollen, dass sie nicht auf der Straße landen“, sagt Silke Kortmann-Kock. Sie arbeitet beim Pflegebüro Bahrenberg in Bochum und ist eine von sechs Gesellschaftern der „Gepflegt Wohnen GmbH“. Zusammen mit einer Pflegedienst-Kollegin, drei Berufbetreuern, einer Rechtsanwältin und einem Handwerker gründete sie im Sommer 2007 die Gesellschaft. „Allein lässt sich so ein Projekt nicht stemmen“, erklärt Silke Kortmann-Kock, denn die Idee, Wohnungen für psychisch- oder Suchtkranke Menschen anzubieten, hatten alle schon früher. Gemeinsam machten sie sich an die Umsetzung, kauften ein Haus, fingen an zu renovieren und boten die Wohnungen zur Miete an. Mit Erfolg. Bereits jetzt sind acht Verträge unterschrieben, die neunte und letzte Wohnung so gut wie vergeben.

Begegnungsstätte
Die Finanzierung erfolgt über die Mieteinnahmen. Das „Gepflegte Wohnen“ ist also nicht mit Sozialwohnungen zu verwechseln. Dennoch: Die Gesellschafter wollen es nicht beim Wohnen allein belassen. In der Sprockhöveler Straße werden Hausverwalter und Betreuer nach dem Rechten sehen. Auch eine Begegnungsstätte ist geplant. Und die Gesellschafter liebäugeln bereits mit dem Nachbarhaus, der Nummer 29. Schließlich sei der Bedarf für derartige Einrichtungen auch in Witten gewaltig.

*Name geändert